DAS GROSSE LEBEN
Artikel über Makrobiotik

   

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Abnehmen / Zunehmen
- eine Betrachtungsweise
voller Überraschungen


von Pat O`Brien

Anmerkung der Autorin:

Weder spiegelt sich der Gesundheitszustand eines Menschen automatisch in der Zu- oder Abnahme seines Körpergewichts wider, noch ist es schlimm, einen etwas größeren „Umfang“ zu haben. Die Annahme, daß alle Menschen dünn sein müßten, folgt lediglich dem Bild, das Zeitschriften und Fernsehen uns suggerieren, nämlich, daß die Körper aller Männer und Frauen einem abnormalen Stereotyp entsprechen müßten. Viele dieser Männer und Frauen leiden unter Anorexia nervosa oder Bulimie.

Viele Gedanken habe ich mir über falsche Vorstellungen gemacht, die manche Menschen, die sich mit alternativen Heilmethoden beschäftigen, von Heilung, Gesundheit und Ausscheidungen haben. Im vorliegenden Artikel will ich diese Gedanken ausführen, allerdings mit dem Schwerpunkt auf Gewichtsabnahme und -zunahme.
Immer wieder kommen Patienten zu mir und fragen, was sie denn falsch machen. Sie treiben brav Gymnastik, leben die eine oder andere Diät und sind ständig frustriert. Sie wiederholen diese tägliche Routine ständig und sind entsetzt, daß alles so bleibt, wie es ist. Sie schaffen es nicht, zu- bzw. abzunehmen. Im hiesigen Fitneßcenter habe ich einen Bekannten, der fest davon überzeugt ist, daß die Antwort in der hohen oder niedrigen Kalorienmenge liegt, die jemand zu sich nimmt. Dieser Mann treibt jeden Tag zwei Stunden lang Sport, um „Kalorien zu verbrennen“. Obgleich er eine Menge abgenommen und seinem Herzen und seiner Lunge mit all diesem Aerobic einen großen Gefallen getan hat, schwört er, daß er bei seinen zwei Stunden Sport bleiben muß, wenn er nicht wieder zunehmen will. Er kontrolliert außerdem täglich seine Nahrung auf die darin enthaltenen Kalorien.

Frustration

Ein anderer meiner Bekannten treibt moderat Sport und ernährt sich mit wenig Fett und vielen Kohlenhydraten. Nach seinem Konditionstraining schwimmt er regelmäßig im Schweiß und schüttelt den Kopf vor Frustration, denn die Fettquote in seinem Körper ändert sich nicht. Er erzählt mir, daß auch seine Eltern ziemliche Brocken waren und er selbst daher zu lebenslangem Übergewicht verurteilt sei.
Das dritte Beispiel ist eine junge Frau, die versucht hat, Müdigkeit und Krankheiten mit Kraft- und Muskeltraining vorzubeugen. Sie ist sehr dünn, macht Gewichtheben und läuft und leidet häufig unter Erkältungen und Grippe - jedes Jahr wieder. Sie erzählt mir immer wieder, daß sie sehr viel gesunde, ausgewogene Nahrungsmittel ißt und nicht versteht, wieso ihr Immunsystem so schwach ist und warum sie es nicht schafft, zuzunehmen.
Zum Thema Gewichtsverlust wurde schon viel gesagt bzw. geschrieben. Damit macht ein Wirtschaftszweig Milliarden-Gewinne, und das wird sich auch so lange nicht ändern, wie die Menschen auf der Suche nach einer Zauberformel sind. Ich habe fast die gesamte Literatur zum Thema gelesen: Von der Zonendiät [nach Barry Sears] über die Blutgruppendiät, die Ernährung mit viel Eiweiß und wenig Kohlenhydraten, die auf roher Nahrung und Enzymen beruhende Heilmethode, die Aminosäurentherapie und die Ernährungsformen mit unverarbeiteten, naturbelassenen, vollwertigen Lebensmitteln, die sowohl wenig Eiweiß und Fett als auch viel Kohlenhydrate enthalten.
Die zuletzt genannte Art der Ernährungsweise ist vermutlich für eine dauerhafte Gewichtskontrolle die gesündeste und beste. Sie wird empfohlen als die beste Ernährungsweise zur Krebsverhütung, zur Umkehrung des Prozesses bei Herzleiden und bezüglich anderer häufig auftretender Krankheiten, die die heutige Welt wie Seuchen überziehen. Viele Behandler, die mit Hilfe der makrobiotischen Lebensweise heilen, ernähren sich auch selbst so. Ihre Ernährung ist häufig mit Getreide, Bohnen, Gemüse, Obst, Nüssen und Samen sowie unter Umständen mit Algen und Fisch überfrachtet.
Allerdings habe ich viele Menschen getroffen, die, obwohl sie vegetarisch und von vollwertigen, unverarbeiteten Nahrungsmitteln lebten, zunahmen, ohne das zu wollen. Warum nehmen wir aber nicht immer durch diese sogenannte „gesunde“ Ernährungsweise ab? Teilweise wird dies damit begründet, daß das Verhältnis von Getreide zu allen anderen Nahrungsmitteln ausschlaggebend sei. (Die Unfähigkeit abzunehmen wird damit erklärt, daß die Nahrung einen zu hohen Anteil an Kohlenhydraten enthalte.) Ich sehe das allerdings anders.

Die Nahrungsenergie

Zur Erklärung dieses Phänomens gibt es noch eine andere Theorie. Diese Theorie liefert außerdem den Schlüssel zu den drei oben beschriebenen Beispielen. Sie hat nichts mit Kalorien, fettarmer Ernährung, Eiweiß- und Fettmengen oder auch dem Verzehr vollwertiger, unverarbeiteter Nahrungsmittel zu tun sondern bezieht sich auf die Nahrungsenergie. Dieses System ist auch sowohl in der indischen (Ayurveda) als auch in der chinesischen Medizin bekannt.
Ich möchte mit den jahreszeitbedingten Veränderungen und den Zubereitungsmethoden beginnen, die unser Gewicht beeinflussen. Im Sommer und im Herbst sind die Menschen körperlich aktiver, und bei einigen geht mit dieser verstärkten Aktivität auch ein Gewichtsverlust einher (ja, auch durch Aerobic werden Kalorien verbrannt und der Stoffwechsel angeregt). Dies ist anscheinend auch eine der Zeiten im Jahr, zu denen die Menschen auf ihr Gewicht bedacht sind. Shorts, Badeanzüge und kurzärmelige T-Shirts werden ausgepackt. Von unserem Körper ist mehr zu sehen, und das macht einige befangen. Also geht man auf Diät oder treibt Sport. Außerdem führt die Yang- Hitze des Sommers dazu, daß wir ganz natürlich nach kühlen, yinbetonten Nahrungsmitteln greifen, die auch bezüglich ihres Gewichts und Volumens leichter sind. Wir passen uns der Jahreszeit an, indem wir statt der für kaltes Wetter geeigneten gebackenen, eingelegten, unter Druck gegarten Speisen, der Eintöpfe, der Nishimes und Nitsukes bei warmem Wetter eher zu Säften, Rohkost, gedämpften, kurz gebratenen und gekochten Gerichten greifen. Bei diesen Zubereitungsarten verfügt die Nahrung über ganz andere energetische Eigenschaften.

...Die für den Sommer geeignete Nahrung ist leichter, ausdehnender und wäßriger als die für den Winter geeignete, die im allgemeinen schwerer ist, stärker zusammenzieht und stärker austrocknet...

Nehmen wir beispielsweise eine wärmende Möhre, die ein Wurzelgemüse mit nach unten gerichteter Yang-Energie ist: Wir können diese Energie dadurch, daß wir Saft aus ihr machen, ein wenig transformieren. Dadurch wird sie ein wenig kühler und leichter. Oder wir können sie im Sommer roh als Salat auf den Tisch bringen, und dann ist sie ebenfalls kühl und leicht. (Salat als solcher ist ein mehr ausdehnendes Nahrungsmittel mit nach oben gerichteter Energie.) Wir kaufen auch das, was in der jeweiligen Jahreszeit wächst. Das hilft uns bei der Anpassung an Wetter, Temperaturen und Luftfeuchtigkeit und hilft uns außerdem sparen, denn das Gemüse der Saison ist billiger!
Die für den Sommer geeignete Nahrung ist leichter, ausdehnender und wäßriger als die für den Winter geeignete, die im allgemeinen schwerer ist, stärker zusammenzieht und stärker austrocknet. Die letztere verhilft unserem Körper dazu, während des kalten Wetters seine Wärme zu behalten, denn Wasser kühlt den Körper ab, und die winterlichen Nahrungsmittel enthalten weniger davon. Wenn der Winter sich ankündigt, läßt unsere Aktivität in der Kälte langsam nach, wir verbrennen weniger Kalorien und sehnen uns nach schwerer zubereiteten Speisen, mehr Eiweiß und mehr Öl und Fett. Die leichtere Ernährung während des Sommers hilft uns, unser Körpergewicht zu verringern, und die schwereren, stärker nährenden Speisen im Winter helfen uns, unser Gewicht zu halten.

Besondere Geschmacksrichtungen

Die Nahrungsmittel verfügen allerdings darüberhinaus über bestimmte eigene Energien, die eine Gewichtszunahme des menschlichen Körpers fördern oder verhindern. Diese Energien verstehen wir, wenn wir die Nahrungsmittel nach ihren Geschmacksrichtungen einteilen: süß, salzig, sauer, bitter, zusammenziehend und scharf. Reis, Milch und Zucker sind süße Nahrungsmittel, Fisch und Algen sind salzig, Pickles und Zitronen sind sauer, grünes Blattgemüse ist bitter, Äpfel und Bohnen ziehen zusammen, und Radieschen schmecken scharf. Was bewirken diese Geschmacksrichtungen nun in bezug auf das Körpergewicht?
Süße Substanzen fördern die Gewichtszunahme. Sie enthalten in hohem Maße die Elemente Erde und Wasser. Sehen Sie die Erde in Gedanken als Masse und Solidität und das Wasser als Wasser und Feuchtigkeit. Diese Elemente bauen Körpergewebe auf und erhöhen den Feuchtigkeitsgehalt. Auch saure Nahrungsmittel enthalten viel Erde. Einige enthalten außerdem Feuer und wärmen den Körper, aber hierbei liegt das Geheimnis darin, daß sie, ebenso wie die süßen Speisen, Gewebe bilden. Und mehr Gewebe heißt mehr Muskeln, mehr Knochen und mehr Fett! Salzige Nahrungsmittel enthalten Wasser und Feuer. Dadurch ermöglichen sie uns, Wasser im Körper zurückzuhalten, und fördern so eine Gewichtszunahme.
Die zusammenziehenden Nahrungsmittel enthalten Erde und Luft, üben aber insgesamt gesehen aufgrund ihrer luftigen und zusammenziehenden Eigenschaften eine reduzierende Wirkung auf den Körper aus. Substanzen mit zusammenziehenden Eigenschaften straffen das Gewebe, verhelfen ihm dazu, sich zusammenzuziehen, und trocknen andere Substanzen aus. Sie wirken außerdem harntreibend. Bitter schmeckende Nahrungsmittel bestehen aus Äther und Luft, den leichtesten dem Menschen bekannten Stoffen. Stellen Sie sich die Luft als Wind vor und den Äther als Raum. Diese Substanzen sind austrocknend bzw. harntreibend und haben in der Natur eine zusammenziehende Wirkung. Bitter schmeckende Substanzen führen zu einer Straffung des Körpergewebes. Darüberhinaus besitzen sie von Natur aus die Fähigkeit, abzubauen, und abbauende Stoffe bauen auch Gewebe ab.
Last but not least gibt es da noch die scharfen Nahrungsmittel. Die scharf schmeckenden Substanzen bestehen aus Feuer und Luft. Diese Zusammensetzung macht den Körper leicht und warm. Im wesentlichen führen die süßen, sauren und salzigen Nahrungsmittel zur Gewichtszunahme, während die bitteren, scharfen und zusammenziehenden das Gegenteil bewirken. Der altbekannte Spruch, daß Eiscreme dick macht, beruht auf mehr als nur der Tatsache, daß sie viel Fett enthält. Sie enthält Milch und Zucker, also süße Substanzen. Weniger vertraut ist uns die Tatsache, daß man mit Melonen zunimmt, denn sie enthalten sehr viel Süße und auch Wasser. Haben Sie jemals bemerkt, wie süß sie schmecken?

Getreide zum Zweck des Gewichtsverlustes

Welche Getreidearten sind also am zweckmäßigsten für eine Gewichtsabnahme? Gerste, Mais, Roggen und Quinoa sind so welche. Was für Gemüsesorten fallen in diese Kategorie? Das sind überwiegend die scharfen und bitteren, wie Grünkohl, Krauskohl, Salat, Rettich, Klettenwurzel, Rüben, Möhren und die Vertreter der Familie der Kohlgewächse (Brokkoli, Blumenkohl, Weiß- und Rotkohl, Wirsing, Rosenkohl), um nur ein paar zu nennen. Die weißfleischige Kartoffel, auch wenn sie ein Nachtschattengewächs ist und daher bei manchen Menschen zu Reizungen führt, ist doch ebenfalls zusammenziehend und kann daher zu Gewichtsverlust führen. Mit ihrem Gegenstück, der Süßkartoffel, erreichen Sie genau das Gegenteil. Ebenso verhält es sich mit dem Winterkürbis. Kürbis ist ja so süß, so unglaublich süß!
Und wie sieht es mit dem Getreidekaffee aus, den viele von Ihnen trinken? Er enthält große Mengen an Zichorie, einer Pflanze mit natürlichen Bitterstoffen. Und dann möchte ich Ihnen noch ein Letztes zu bedenken geben. Bittere, scharfe und zusammenziehende Stoffe haben von Natur aus die Tendenz zum Austrocknen, wie bereits oben erwähnt. Stellen Sie sich vor, Ihr Stoffwechsel sei ein Lagerfeuer. Mit trockenem Holz brennt das Feuer besser als mit feuchtem. Daher regen diese drei Stoffe den Stoffwechsel an.
Das Interesse des Mannes, der in meinem ersten Beispiel am Anfang dieses Artikels erwähnt wurde, richtete sich auf das Verbrennen von Kalorien und die Anregung seines Stoffwechsels. Würde er vor diesem Hintergrund sein Feuer gut anfachen, müßte er sich vielleicht nicht so sehr mit Aerobic abmühen. Ein paar scharfe Chillies oder Ingwer zum Abendbrot und zur Nachspeise Äpfel oder Birnen statt eines selbstgebackenen Vollkornkuchens, und Sie sind am „Kochen“. Wie sieht es aber mit denjenigen aus, die ihr tosendes Feuer ein wenig beruhigen wollen? Da ließe sich ein schöner, leichter Spaziergang, Yoga oder Tai-Chi und eine Banane oder eine Scheibe Kantalupe (US-Melonensorte) mit einer Schale Vollkorn-Weizencreme empfehlen. Ahhhhhhh - c´est la vie!

Pat O’Brien ist Ayurveda- und Makrobiotik- Beraterin im US-Staat New York.


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